Was geschieht mit Ihrem Vermögen, wenn Sie kein Testament hinterlassen? Das Thema „Erbfolge ohne Testament Österreich“ beschäftigt viele – sei es ganz plötzlich nach einem unerwarteten Todesfall, oder beim gemeinsamen Gespräch am Küchentisch. Aus unserer langjährigen Tätigkeit bei Trefalt und Walch Rechtsanwälte wissen wir: Die gesetzliche Erbfolge in Österreich regelt zwar vieles eindeutig, doch oft entspricht das Ergebnis nicht den familiären Wünschen. Manchmal kommt es sogar zu echten Überraschungen. Hier bringen wir für Sie Licht ins Dunkel: Wie läuft die gesetzliche Erbfolge ab? Wer hat Anspruch – und wer nicht? Wo lauern typische Fallstricke? Lesen Sie jetzt alles vom Anwalt für Erbrecht aus Feldkirch in Vorarlberg.
Das Wichtigste zur Erbfolge ohne Testament in Österreich auf einen Blick
- Gesetzliche Erbfolge gilt automatisch, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt.
- Das Parentelensystem sortiert die Verwandtschaft und teilt nach starren Quoten auf.
- Ehepartner und eingetragene Partner bekommen besonderen Schutz, Lebensgefährten nur in Ausnahmen.
- Pflichtteilsansprüche lassen sich kaum ausklammern.
- Sonderregeln wie das Pflegevermächtnis bringen zusätzliche Ansprüche bei aufopfernder Pflege.
- Ohne Erben – ob gesetzlich oder durch Verfügung – erbt der Staat.
Inhaltsverzeichnis
- Wann tritt die gesetzliche Erbfolge in Österreich ein?
- Das Parentelensystem: Wer erbt nach Gesetz?
- Ehegatten, eingetragene Partner und Lebensgefährten im Erbrecht
- Das Pflichtteilsrecht: Wer ist geschützt, wer nicht?
- Pflegevermächtnis: Anerkennung von Pflegeleistungen
- Außerordentliche Erbfolge und Aneignung durch den Staat
- Erbunwürdigkeit und Enterbung
- Gesellschaftsanteile und Unternehmensnachfolge
- Internationales Erbrecht und grenzüberschreitende Fälle
- Praxisbeispiele zur gesetzlichen Erbfolge
- Fazit: Gesetzliche Erbfolge in Österreich im Überblick
- Fragen zur Erbfolge ohne Testament in Österreich? Wir beraten Sie gerne.
Wann tritt die gesetzliche Erbfolge in Österreich ein?
Die gesetzliche Erbfolge springt immer dann ein, wenn
- es kein Testament oder keinen Erbvertrag gibt,
- ein testamentarisch verfügter Erbe seinen Anteil ausschlägt oder bereits verstorben ist,
- und auch, wenn nur ein Teil des Vermögens geregelt wurde – für alles andere springt das Gesetz ein.
Merke: Das Erbrecht des Staates greift erst, wenn es überhaupt keine gesetzlichen oder sonstigen Erben gibt. Es genügt aber schon ein kleiner Fehler oder eine übersehene Person – und schon ändert sich die Verteilung.
Das Parentelensystem: Wer erbt nach Gesetz?
Die Reihenfolge der Erben folgt dem Parentelensystem. Es funktioniert wie ein einfaches Baumdiagramm – je näher die Verwandtschaft, desto früher bist du dran. Ganz praktisch läuft das so:
- 1. Parentel – Nachkommen: Hier kommen die Kinder, Adoptivkinder und Enkel an die Reihe. Jedes Kind erhält denselben Anteil. Ist ein Kind verstorben, rückt automatisch das nächste in der Kette (zum Beispiel die Enkel) nach.
- 2. Parentel – Eltern & deren Nachkommen: Gibt es keine Nachkommen, kommen die Eltern zum Zug. Sind auch sie verstorben, kommen die Geschwister (und anschließend Nichten, Neffen).
- 3. Parentel – Großeltern & deren Nachkommen: An diesem Punkt wird die Verwandschaftslinie schon etwas weiter: Onkel, Tanten oder Cousins und Cousinen – sofern keine Erben der ersten beiden Klassen da sind.
- 4. Parentel – Urgroßeltern: Ausschließlich die Urgroßeltern selbst. Weitere Nachkommen gehen leer aus.
Ganz wichtig: Immer nur, wenn die vorherige Gruppe leer ausgeht, bekommt die nächste eine Chance. Adoptivkinder und uneheliche Kinder stehen eigenen Kindern übrigens vollkommen gleich.
Ehegatten, eingetragene Partner und Lebensgefährten im Erbrecht
Ehepartner und eingetragene Partner sind im österreichischen Erbrecht gleichgestellt und genießen besonderen Schutz.
Mit Nachkommen (1. Parentel): Der überlebende Ehegatte oder Partner erhält ein Drittel des Nachlasses, während sich die Nachkommen zwei Drittel teilen.
Mit Eltern (2. Parentel), aber ohne Nachkommen: Der überlebende Ehegatte oder Partner erhält zwei Drittel, die Eltern ein Drittel.
Keine Nachkommen oder Eltern mehr am Leben: Der gesamte Nachlass geht an den überlebenden Ehegatten oder Partner.
Befindet sich zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers ein gerichtliches Scheidungsverfahren zwar bereits in Gang, ist die Scheidung aber noch nicht rechtskräftig, steht dem Ehegatten dennoch das gesetzliche Erbrecht und das gesetzliche Vorausvermächtnis zu. Weicht jedoch ein Ehepakt oder eine sonstige Vereinbarung über die nacheheliche Aufteilung des Gebrauchsvermögens oder der Ersparnisse von der gesetzlichen Regelung ab, gelten ab Einreichung der Scheidungsklage die Bestimmungen dieser Vereinbarung (§ 746 Abs 2 ABGB).
Und wie sieht es für Lebensgefährten aus?
Wer ohne Trauschein zusammenlebt, hat es im Erbrecht in Österreich schwerer:
- Kein automatisches gesetzliches Erbrecht.
- Außerordentliches Erbrecht: Nur wenn überhaupt kein gesetzlicher Erbe existiert und der Lebensgefährte mindestens drei Jahre mit dem Verstorbenen in einem Haushalt gelebt hat, gibt es die Chance, doch zu erben.
- Wohnrecht für ein Jahr: Immerhin – die gemeinsame Wohnung bleibt dem Lebensgefährten für ein Jahr nach dem Todesfall erhalten.
Das Pflichtteilsrecht: Wer ist geschützt, wer nicht?
Das österreichische Erbrecht schützt direkte Angehörige vor völliger Enterbung. Sie behalten zumindest einen Pflichtteil, auch wenn sie im Testament nicht vorkommen:
- Plichtteilsberechtigt: Kinder (auch Adoptiv- und uneheliche), deren Nachfolger, Ehegatten und eingetragene Partner.
- Nicht pflichtteilsberechtigt: Lebensgefährten, Eltern, Geschwister oder andere Verwandte ohne Ehe oder Partnerschaft.
Wie hoch fällt der Pflichtteil aus? Wer berechtigt ist, erhält die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. In der Praxis bedeutet das: Wird ein Kind im Testament übergangen oder enterbt, kann es trotzdem auf die Hälfte seines gesetzlichen Anteils pochen – es sei denn, es liegt ein triftiger Sonderfall vor (zum Beispiel eine besonders schwere Verfehlung).
Der Pflichtteil ist mit Ablauf eines Jahres nach Tod des Erblassers fällig und muss erst dann ausbezahlt werden.
Pflegevermächtnis: Anerkennung von Pflegeleistungen
Engagement zahlt sich aus – zumindest, wenn pflegende Angehörige, Ehepartner oder Lebensgefährten mindestens sechs Monate in den letzten drei Jahren unentgeltlich gepflegt haben. Das Pflegevermächtnis ist eine faire Anerkennung:
- Zusätzlicher Anspruch: Die Höhe orientiert sich an den gesparten Pflegekosten. Wer zum Beispiel 20 Stunden monatlich nachweisen kann, bekommt einen entsprechenden Anteil obendrauf – oft ein nicht zu unterschätzender Wert!
- Voraussetzung: Die Pflege muss regelmäßig gewesen sein – mindestens 20 Stunden pro Monat.
Das Pflegevermächtnis ergänzt Pflichtteil und Erbteil gleichermaßen – gerade für Töchter, Söhne oder Partner, die viel Zeit investieren, kann es einen echten Unterschied machen.
Außerordentliche Erbfolge und Aneignung durch den Staat
Kein Testament, keine gesetzlichen Erben, kein Lebensgefährte mit gemeinsamer Zeit – was passiert dann? In diesem seltenen Fall fällt das gesamte Erbe an die Republik Österreich.
Praxistipp: Wer ausschließen will, dass nicht doch am Ende der Staat erbt, sollte frühzeitig Vorsorge mit einer letztwilligen Verfügung treffen. Gerade, wenn nahe Angehörige fehlen, lohnt sich ein Blick auf die eigene Nachlassplanung.
Erbunwürdigkeit und Enterbung
Nicht jeder potenzielle Erbe behält automatisch Anspruch aufs Erbe. Manchmal nimmt das Gesetz es ganz genau:
- Erbunwürdigkeit: Wer gegen den Erblasser oder nahe Verwandte schwer gesündigt hat – etwa durch eine Straftat gegen den Erblasser oder Unterdrückung des letztens Willens – wird komplett vom Erbe ausgeschlossen.
- Enterbung: Auch Pflichtteilsberechtigte können ausgeschlossen werden – aber nur in eng umgrenzten Situationen, zum Beispiel bei schweren Straftaten oder grober Vernachlässigung familienrechtlicher Pflichten. Die Anforderungen sind hoch und der Nachweis muss ganz klar geführt werden.
Gesellschaftsanteile und Unternehmensnachfolge
Wer Anteile an einer Firma (zum Beispiel einer GmbH) vererben möchte, sollte unbedingt auf den Gesellschaftsvertrag sehen. Dort kann geregelt sein, dass die Anteile nur auf bestimmte Personen übergehen dürfen oder ein Vorkaufsrecht besteht.
Fehlt eine solche Regelung, fallen die Unternehmensanteile einfach in die Erbmasse – was für Streit innerhalb der Familie oder unter Geschäftspartnern sorgen kann. Gerade hier bewährt sich eine gut geplante Unternehmensnachfolge.
Internationales Erbrecht und grenzüberschreitende Fälle
Spätestens bei Auslandsvermögen, Patchwork-Familien oder Wohnsitzwechsel wird es spannend: Nach der EU-Erbrechtsverordnung gilt für EU-Bürger prinzipiell das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts. Die Staatsangehörigkeit spielt meist keine Rolle mehr – das kann zu großen Überraschungen führen, wenn zum Beispiel ein Österreicher in Spanien lebt.
Unser Tipp: Wer Klarheit will, kann per Testament das sogenannte Heimatrecht wählen. Das erleichtert die Planung gerade für kosmopolitische Familien und kann viel Ärger verhindern.
Praxisbeispiele zur gesetzlichen Erbfolge
- Ehefrau & zwei Kinder: Die Ehefrau bekommt ein Drittel und jedes Kind ein Drittel des Nachlasses.
- Nur Ehefrau und Eltern: Die Ehefrau erbt zwei Drittel, die Eltern bekommen gemeinsam ein Drittel.
- Lebensgefährte ohne andere nahe Verwandte: Nach mindestens drei Jahren gemeinsamen Haushalts kann der Lebensgefährte das gesamte Erbe bekommen.
- Pflichtteil: Wird ein Kind enterbt, steht ihm trotzdem die Hälfte des gesetzlichen Anteils zu – sofern keine gravierenden Gründe dagegen sprechen.
- Pflegevermächtnis: Eine Tochter pflegt ihre Mutter acht Monate lang regelmäßig – sie erhält neben dem Erbteil ein zusätzliches Pflegevermächtnis.
Fazit: Erbfolge ohne Testament Österreich im Überblick
Auf den Punkt gebracht: Die gesetzliche Erbfolge in Österreich läuft streng nach Plan ab – manchmal zu streng für das echte Leben. Patchwork-Familien, verheiratete wie unverheiratete Paare oder Unternehmen profitieren oft nicht von dieser Strenge. Besonders, wenn Sie möchten, dass Ihr Vermögen nach Ihren Vorstellungen verteilt wird, lohnt sich frühzeitig Beratung einzuholen oder ein Testament zu verfassen.
Wer rechtzeitig plant, sorgt dafür, dass der eigene Wille zählt und die Liebsten keine bösen Überraschungen erleben.
Fragen zur Erbfolge ohne Testament in Österreich? Wir beraten Sie persönlich.
Sie fragen sich, wie sich die gesetzliche Erbfolge ohne Testament in Österreich ganz konkret für Ihre Familie auswirkt? Oder wollen Sie gezielt vorsorgen, damit alles geregelt ist? Trefalt und Walch Rechtsanwälte stehen Ihnen mit jahrzehntelanger Erfahrung in Sachen Erbrecht persönlich zur Seite.
Lassen Sie uns gemeinsam Ihre Fragen klären und die Weichen stellen – damit Ihr Wille zählt und Ihre Liebsten auch in schwierigen Zeiten gut abgesichert sind.